Lehre mal anders: Der Lernende im Homeoffice

Die Verschiebung ins Homeoffice war für uns alle eine grosse Umstellung. Selbst für das PEAX Team, das Remote Work bereits bestens kennt und technisch dafür gerüstet ist. Welche zusätzlichen Herausforderungen das Homeoffice für Lernende und ihre Betreuungspersonen darstellt, wird viel diskutiert und oftmals eher als Nachteil empfunden. Gibt es dafür allgemeine Empfehlungen? Und wie meistern wir diese Herausforderungen bei PEAX? Du erfährst es in diesem Beitrag.

Grundsätzlich stehen in vielen Blogbeiträgen für Lernende im Homeoffice dieselben Tipps, die für alle Mitarbeitenden nützlich sind. Der Kaufmännische Verband Schweiz schlägt beispielsweise vor, generelle Rahmenbedingungen für die Erreichbarkeit festzulegen und eine Anleitung für die verschiedenen genutzten Online-Kommunikationstools zu erstellen. Zusätzlich empfehlen sie ein Tool, in welchem die Aufgaben für die Lernende oder den Lernenden verwaltet werden, egal ob diese im Lehrbetrieb oder zuhause ausgeführt werden (Merkblatt Homeoffice für KV-Lernende, Kaufmännischer Verband Schweiz, Stand 20.3.20). Bisher alles bekannte Massnahmen, um auch den bereits ausgebildeten Angestellten das Homeoffice zu erleichtern.

Was im Umgang mit Lernenden zusätzlich besonders gewichtet wird, ist die zwischenmenschliche Komponente. Es ist wichtig, dass die Lernenden im Homeoffice eng begleitet sind. Viele Lernende sind in der neuen Situation sehr gefordert und schätzen einen Austausch, bei dem es nicht nur um die Erledigung von Aufgaben geht. Damit sich Lernende besser öffnen können, schlägt der Berufsbildner-Blog vor, ein Gespräch an einem neutralen Ort anzubieten. Dies kann beispielsweise ein Spaziergang sein. So ist die “Gefahrensituation” des Mithörens, anders als im Büro oder im Homeoffice, nicht vorhanden. Es ist wichtig, dass den Lernenden dabei offen und ohne zu werten zugehört wird.

Die ETH-Professorin Ursula Renold hat die Auswirkungen der Homeoffice-Pflicht für Lernende untersucht. Sie sieht vor allem ein Problem für Jugendliche, denen das Lernen und das konzentrierte Arbeiten auch im Büro bereits schwerer fallen. Sie werden durch die aktuelle Situation zusätzlich benachteiligt. Zudem fehlt den Lernenden teilweise die passende Infrastruktur um zuhause effizient arbeiten zu können. Sie teilen sich möglicherweise ihr Zimmer mit Geschwistern oder werden von anderen Familienmitgliedern abgelenkt. Ursula Renold sieht aber auch Chancen für die Lernenden: Im Homeoffice sind sie ein Grossteil des Tages auf sich alleine gestellt und lernen so, selbstständig zu arbeiten (SRF, Arbeiten im Homeoffice).

«Im Homeoffice habe ich die Pausen mit dem Team vermisst, auch wenn man sich regelmässig online sieht, ist es nicht dasselbe.»

Yaron Fanger,

Lernender Applikationsentwickler, PEAX AG

Allgemein habe ich in den Medien und auch im Austausch mit anderen Unternehmen eher Zurückhaltung und Bedenken erfahren, wenn es um Lernende im Homeoffice geht. Ich habe unseren Lernenden, Yaron Fanger, darauf angesprochen und war erstaunt über seine Sichtweise. Ein Ausschnitt aus unserem Gespräch.

 

Yaron, wie war es für dich, als wir letzten Frühling das erste Mal von heute auf Morgen im Homeoffice arbeiten mussten?

Der Umstieg war für mich kein Problem. Michi und ich waren praktisch den ganzen Tag in Kontakt miteinander und ich konnte mich bei Fragen immer gleich an ihn wenden. Zudem konnte ich mich dank der Ruhe Zuhause super konzentrieren.

 

Wo hast du gearbeitet?

Ich arbeitete jeweils in meinem Zimmer, dort habe ich mir meinen Arbeitsplatz eingerichtet.

 

War deine Infrastruktur bereits ausreichend oder hast du noch etwas zusätzlich organisiert?

Grundsätzlich hatte ich schon alles was ich brauchte. Nach ein paar Wochen entschied ich mich jedoch, ein Stehpult und einen neuen Stuhl zu kaufen.

 

Wie hat sich das Arbeiten für dich verändert?

An der Arbeit hat sich für mich nichts gross verändert, da ich jedoch weniger abgelenkt wurde, konnte ich mich länger auf die Arbeit fokussieren.

 

Wie war der Austausch mit deinem Berufsbildner / deinen Ausbildnern?

Der Austausch mit Michi war super! Wir haben täglich mindestens drei Mal telefoniert und bei Fragen konnte ich mich immer direkt an ihn wenden.

 

Was vermisst du am Büro / was wirst du vom Homeoffice vermissen wenn wir wieder mehr im Büro sind?

Im Homeoffice habe ich die Pausen mit dem Team vermisst, auch wenn man sich regelmässig online sieht, ist es nicht dasselbe. Was ich im Büro sicher vermissen werde, ist mein Arbeitsplatz zu Hause – damit meine ich das Stehpult und die grösseren Bildschirme. Ich finde, dass ich im Homeoffice perfekt eingerichtet bin und besonders effizient arbeiten kann.

«Mein Ziel war stets, dass Yaron sich nicht allein gelassen fühlt und auch bei Fragen nicht zögert, mich anzusprechen.»

Michael Buholzer,

Software Developer, PEAX AG

Auch für die Berufsbildner*innen und Ausbildner*innen ist die Betreuung der Lernenden im Homeoffice eine zusätzliche Herausforderung. Wie dies bei PEAX funktioniert erklärt Yarons Ausbildner Michael Buholzer.

 

Michael, wie tauschst du dich mit Yaron aus?

Ein reger Austausch mit den Lernenden ist natürlich von beiden Seiten her sehr wichtig. Mein Ziel war stets, dass Yaron sich nicht allein gelassen fühlt und auch bei Fragen nicht zögert, mich anzusprechen. Das ist im physischen Büro sicher einfacher als im Homeoffice. Deswegen setzen wir uns online oft zusammen und schauen zusammen Themen an, tauschen uns an und gehen auf Fragen und Anliegen ein. So haben wir täglich mehrere Calls wodurch ich schnell unterstützen kann wo nötig.

 

Hattest du zu Beginn des Homeoffice Bedenken bezüglich der Betreuung des Lernenden? Haben sich diese Bedenken bestätigt / gelegt?

Es war am Anfang sicher alles sehr ungewohnt, da zugleich auch die Rolle des Ausbildners für mich neu war. Deswegen waren meine Bedenken sicher, wie ich die Betreuung aus dem Homeoffice so gestalten kann, dass sich Yaron wohl und vor allem auch gut betreut fühlt. Mittlerweile haben sich diese Bedenken bei mir allerdings wieder gelegt, da ich täglich sehe wie Yaron gut vorankommt und das Gelernte auch anwendet.

 

Was hast du für dich gelernt? Was würdest du wiederholen und was würdest du anders machen?

Für mich war es eine spannende Herausforderung und ich konnte in dieser Zeit einiges dazulernen. Dazu gehört sicher, wie man ein Konzept für eine solche Situation erarbeitet und dieses dann auch umsetzt.
Ich denke im Grunde würde ich die Betreuung bei einer solchen Situation wieder gleich durchführen, da ich das Gefühl hatte, dass Yaron sich gut integriert und betreut fühlt und er trotz den Umständen seine Aufgaben gut umgesetzt kann und auch der Spass an der Arbeit nicht zu kurz kommt.

 

Danke Michael und Yaron für eure Antworten und weiterhin viel Erfolg mit der Lehre und der Betreuung im Homeoffice.

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