Rechtliche Gültigkeit digitaler Dokumente. Was gibt es zu beachten?

Reicht es aus, wenn ich alle meine Dokumente nur noch digital aufbewahre? Welche Originale braucht es noch und welche nicht? Fragen, die uns unsere Userinnen und User häufig stellen. Marc Pfister, Legal Consultant bei PEAX, hat sich diesen Fragen angenommen und gibt in diesem Blogbeitrag eine kurze Übersicht über die Rechtslage.

Disclaimer: Dieser Beitrag stellt keine Rechtsberatung dar und PEAX übernimmt keine Haftung für allfällige Schäden. Es liegt in der Verantwortung der PEAX User*innen, sich im Detail über allfällige Ausnahmen zu informieren und zu entscheiden, welche Dokumente im Original benötigt werden.

Rechtlich gesehen gilt für die meisten Dokumente die Formfreiheit – die wichtigste Ausnahme sind spezifische Verträge (siehe unten). Formfreiheit bedeutet, dass sie unabhängig von ihrer Form Gültigkeit haben und damit sowohl physisch als auch digital aufbewahrt werden können.

Am klarsten gestaltet sich die Lage, wenn Dokumente nur digital erstellt und übermittelt werden. In diesen Fällen sind allfällige rechtlich relevante Teile wie Unterschriften etc. ebenfalls digital und in einigen Fällen sogar nur in dieser Form gültig und aufzubewahren.

Dokumente, die physisch vorlagen und digitalisiert werden, verlieren ihre Gültigkeit in der Regel nicht, sofern nicht gesetzlich die physische Form vorgeschrieben ist. Dies ist aber relativ selten (z.B. beim eigenhändigen Testament). Trotzdem kann es je nach Situation sinnvoll sein, Dokumente im Original aufzubewahren bzw. sich von PEAX im Original zuschicken zu lassen (z.B. Protokolle von Generalversammlungen oder Stockwerkeigentümervereinigungen, Arbeits-, Schul- und Ausbildungszeugnisse und Diplome, beglaubigte Urkunden – von letzteren hat allerdings der Notar auch ein Exemplar).

Für Verträge gilt wie auch für allgemeine Dokumente der Grundsatz der Formfreiheit. Das heisst, für das Zustandekommen eines Vertrages braucht es grundsätzlich nur die formlose übereinstimmende Willensäusserung der Parteien. Alles weitere ist dann «nur» noch eine Frage der Beweisbarkeit im Streitfall. Verträge bedürfen für das gültige Zustandekommen nur einer besonderen Form, wenn dies entweder gesetzlich vorgeschrieben oder vertraglich vereinbart worden ist. Solche Formvorschriften sind aber nur für das gültige Entstehen, nicht jedoch für das gültige (Weiter-)Bestehen vorausgesetzt.

Dies bedeutet, dass Verträge durch das Einscannen mit anschliessender Vernichtung des Originals ihre Gültigkeit nicht verlieren. Zum Zeitpunkt des Einscannens haben die Verträge nämlich bereits Gültigkeit erlangt (sofern entsprechende Formvorschriften erfüllt wurden).

Wir möchten jedoch darauf hinweisen, dass es sich aus Beweisgründen teilweise lohnen könnte, wichtige Verträge weiterhin im Original aufzubewahren. Im Extremfall könnte es vorkommen, dass eine Gegenpartei behaupten könne, die Unterschrift auf dem eingescannten und später ausgedruckten Vertrags sei nicht echt. Für eine Analyse der Tinte oder ähnlichen Untersuchungen zur Entkräftung dieses Vorwurfs ist aber das Original zwingend erforderlich.

Empfehlenswert ist es deshalb, zusammen mit dem Vertrag allfällige Begleitdokumente (z.B. Begleitschreiben, E-Mails etc. vor oder nach Vertragsabschluss) ebenfalls einzuscannen. Wenn durch diese Begleitdokumente der Wille zum Vertragsschluss belegt werden kann, kann die Gegenpartei im Streitfall nicht mit Aussicht auf Erfolg behaupten, sie hätte den Vertrag gar nicht selbst unterzeichnet, ihre Unterschrift sei gefälscht worden.

 

Wir empfehlen, besonders wichtige Verträge oder solche, bei denen die Gegenleistung der Gegenpartei ganz oder teilweise später erfolgt und bestritten werden könnte, im Original aufbewahren. Bsp.: Darlehensvertrag (als Darlehensgeber), Schuldanerkennung und andere Leistungsversprechen (als Gläubiger), Garantien und Bürgschaften, Arbeitsvertrag und Auflösungsvereinbarung zu Arbeitsvertrag.

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